01.03.2016Bundesminister Altmaier auf Exportkontrolltag 2016: „Sicherheit und Wachstum unter einem Hut“

Berlin. Der Exportkontrolltag 2016 ist am 26. Februar in Berlin erfolgreich zu Ende gegangen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und das Zentrum für Außenwirtschaftsrecht (ZAR) e. V. der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster konnten zum zehnjährigem Jubiläum in diesem Jahr am 25. und 26. Februar rund 500 Teilnehmer zur zweitägigen Konferenz zu Außenwirtschaftsrecht und Außenwirtschaftspolitik begrüßen.

Dr. Arnold Wallraff, Präsident des BAFA, wies in seiner Eröffnung darauf hin, dass für Deutschland wirtschaftlich gesehen ein mit positiven Prognosen versehenes Jahr 2016 begonnen hat. Gleichwohl gäbe es – so auch das Thema der diesjährigen Konferenz – weltweit nach wie vor zahlreiche Krisen und Herausforderungen. Grundsätzlich gelte: Eine verantwortungsvolle Exportkontrollpolitik leiste angesichts all der Krisenszenarien einen entscheidenden Beitrag, um Sicherheitsrisiken möglichst vorzubeugen bzw. auf schon bestehende Konflikte zu reagieren.

Die politische Großwetterlage spiegele sich stets in der Exportkontrolle wieder, begrüßte Dr. Wallraff den diesjährigen Keynote-Speaker Peter Altmaier, Chef des Bundeskanzleramts und Bundesminister für besondere Aufgaben. Die Flüchtlingskrise zeige deutlich, dass die weltweiten Krisen auch auf Deutschland und Europa Auswirkungen hätten, so Altmaier in seiner Rede. Die Außen- und Sicherheitspolitik sei nach langer Zeit wieder zurück auf der innenpolitischen Agenda. Deutschland müsse sich wieder stärker der Außenpolitik zuwenden. Exportkontrolle könne einen Beitrag zur Stabilisierung der weltweiten Konflikte leisten. Eine weitere Herausforderung sei zudem die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus.

Uwe Proll, Chefredakteur des Behördenspiegels, moderierte das Diskussionsforum. Zum Thema „Iran: The Vienna Agreement – A Watershed Moment?“ diskutierten neben der Botschafterin der Schweiz, Christine Schraner Burgener und dem Botschafter der Islamischen Republik Iran, Ali Majedi auch Susanne Baumann, Stellvertreterin der Beauftragten der Bundesregierung für Abrüstung und Rüstungskontrolle im Auswärtigen Amt sowie die Vertretern der russischen und chinesischen Botschaft, Herr Sergej Linevitschund Herr Li Xiaosi. Einig war man sich darin, dass die Wiener Vereinbarung eine Chance für den Iran und die internationale Staatengemeinschaft ist, wieder zu einer engeren Zusammenarbeit in der Wirtschaft, aber auch in der Kultur und der Wissenschaft zu finden. Die Vertreter stimmten auch überein, dass eine gute Balance zwischen Kontrolle und Freihandel gefunden wurde. Gleichwohl wurde deutlich, dass das im Rahmen des Abkommens entgegengebrachte gegenseitige Vertrauen in der kommenden Zeit weiter entwickelt und bestätigt werden muss. Es sei klar, dass die Islamische Republik Iran – nun zurück auf der Weltbühne – eine bedeutende Rolle in der Nahost-Region spielen werde.

Wie sehr eine Exportkontrollbehörde auch auf Informationen des Bundesnachrichtendienstes angewiesen ist, machte sein Vizepräsident, Guido Müller, im Politikforum mit seinem Vortrag zu „Exportkontrolle und Beschaffungsnetze“ bewusst. Der BND unterstütze die Exportkontrolle, indem er Informationen zu Technik, kritischer Verwendung und Endverbleib von Gütern sammele und zur Verfügung stelle. Deutsche Unternehmen seien trotz großem Aufwand, sich an die exportrechtlichen Bestimmungen zu halten, immer wieder unfreiwillig ausländischen Beschaffungsversuchen ausgesetzt. Ein entscheidender Baustein zur Bekämpfung der Proliferation und zum Schutz der Unternehmen sei daher die internationale Zusammenarbeit.

Dr. Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik gab eine detaillierte Einschätzung zur aktuellen Lage im Russland-Ukraine-Konflikt ab. Danach habe sich der Konflikt selbst kaum „geändert“, wohl aber das Umfeld in dem er stattfinde. Durch das Aufkommen der Syrien-Krise habe eine Prioritätenverschiebung Europas stattgefunden. Der Fokus der europäischen Staaten liege derzeit eher auf dem „Einfrieren“ des Ukraine-Konflikts zum Status Quo, eine endgültige Lösung sei aktuell nicht in Aussicht. Obwohl die Wirtschaftssanktionen nach Einschätzung Meisters nicht ohne Wirkung sind, kann er eine Kompromissbereitschaft der russischen Seite weder beim Ukraine-Konflikt noch beim Syrien-Konflikt ausmachen. Er nimmt im Gegenteil eine zunehmende Entfremdung zwischen der USA und der EU auf der einen Seite und Russland auf der anderen Seite wahr.

Zur Europäischen Union und den Perspektiven der Dual use-Kontrolle sprach Stéphane Chardon von der EU-Kommission, Generaldirektion Handel. Er nahm damit ein Thema auf, das bereits beim ersten Exportkontrolltag vor zehn Jahren stark diskutiert worden war. Chardon beschrieb die Einflussfaktoren und die Beweggründe der Europäischen Kommission für die Novellierung der europäischen Exportkontrolle im Bereich Dual-use-Güter. Ein Schwerpunkt läge auf der Frage, wie die Exportkontrollpolitik in allen Ländern der Europäischen Union nachhaltig und harmonisch implementiert werden könne. Spannend sei zu beobachten, wie sich das Europäische Parlament in den Prozess der Novellierung mit Blick auf die Menschenrechte einbringen werde.

Die Dual-use-Kontrolle ist nur eines der Themen, die die deutsche Wirtschaft beschäftigt. Oliver Wieck, Generalsekretär der Internationalen Handelskammer Deutschland (ICC) formulierte entsprechend die Erwartungen der Wirtschaft an die Exportkontrolle 2016 und komplettierte damit das Politikforum. Er wies darauf hin, dass Exportkontrolle nur dann erfolgreich sein könne, wenn sie von den Unternehmen nachvollzogen werden könne. Dazu sei auch ein enger Dialog zwischen der Europäischen Union und den Unternehmen erforderlich. Insgesamt trage die deutsche Wirtschaft die Beschränkungen des freien Warenverkehrs mit, soweit dadurch Konflikte, Proliferation und Menschenrechtsverletzungen verhindert werden. Allerdings müssten die europäischen Exportkontrollvorschriften auch in allen Staaten der Europäischen Union einheitlich angewendet werden.

Am zweiten Veranstaltungstag stellte Stefan Morweiser, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof, im Rechtssprechungsforum drei aktuelle Urteile des Bundesgerichtshofs zum Außenwirtschaftsrecht vor. Er diskutierte mit Blick auf den ersten Fall, dass bereits ein verbotener oder genehmigungspflichtiger Verkauf und nicht erst die eigentliche physische Ausfuhr von Gütern im Rahmen von Embargo-Verordnungen strafbewehrt sein kann. Im zweiten Fall erläuterte er die Reichweite einer Beihilfehandlung und die rechtliche Einstufung von Sensibilisierungs- bzw. Unterrichtungsschreiben des BAFA. Zuletzt grenzte er mittels des Urteils des BGH den Begriff Lieferung von dem der Ausfuhr ab.

Im Praxisforum haben hochrangige Vertreter der verschiedenen Ministerien neueste Entwicklungen und Praxisfragen der Exportkontrolle beleuchtet. Dr. Bernhard Schlagheck, Unterabteilungsleiter im Auswärtigen Amt, machte die internationalen Herausforderungen in der Exportkontrolle deutlich. Neben den bekannten Konflikten, nannte er beispielsweise auch die chinesischen Ambitionen in Südostasien oder die veränderte außenpolitische Rolle Amerikas. Mit Blick auf den Konflikt im Nahen Osten zeigte sich Schlagheck davon überzeugt, dass ohne Iran und Saudi Arabien eine Befriedung der Region nicht gelingen wird.

Karl Wendling, Unterabteilungsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, beschrieb die jüngsten Entwicklungen in der Außenwirtschaftspolitik. Die Beantwortung zahlreicher parlamentarischer Anfragen sowie die halbjährliche Veröffentlichung des Rüstungsexportberichts sorgten für Transparenz. Eine Verbesserung bei der Überwachung von Rüstungsexporten seien die jüngst eingeführten Post Shipment-Kontrollen. Verschiedene Varianten der „Neu für Alt“-Regelung garantierten, dass alte Kleine und Leichte Waffen vor der Belieferung mit neuen Waffen oder bei späteren Außerdienststellungen zerstört würden. Zudem rücke die Dual-use-Kontrolle von Gütern zur Telekommunikationsüberwachung stärker in den Fokus der Bemühungen. Mit Blick auf die Einbindung Deutschlands in die Procurement Working Group (PWG) im Rahmen der Lockerung der Iran-Sanktionen und neuer Genehmigungsverfahren unterstrich Wendling, dass der Bundesrepublik damit eine besondere Verantwortung zugewachsen sei.

Für das Bundesministerium der Finanzen berichteten Thomas Mazet sowie aus Sicht des Zolls Jürgen Hartlich, Direktionspräsident bei der neugeschaffenen Generalzolldirektion, über die Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung. Im Grundsätzlich sei das Bundesfinanzministerium für die strategischen und politischen Vorgaben verantwortlich, während die Generalzolldirektion für das operative Geschäft zuständig sei. Beide zeigten sich davon überzeugt, dass man den deutschen Unternehmen mit der Neuorganisation einen noch besseren Service und Schutz im Außenwirtschaftsverkehr bieten könne.

Zum Abschluss informierte Holger Beutel, Unterabteilungsleiter im BAFA, über die neusten Entwicklungen aus der Behörde. Er erläuterte im Zusammenhang mit den Iran-Sanktionen das Verfahren und die Zuständigkeiten im BAFA. Zudem seien in Zusammenarbeit mit den Industrie- und Handelskammern im 2. Quartal 2016 vier regionale Informationsveranstaltungen zum Thema Iran geplant. Beutel ermunterte die Unternehmen überdies dazu, bei der Antragstellung für den Export von Dual-use-Gütern die Vorteile von Verfahrenserleichterungen, wie Sammelgenehmigungen, zu nutzen, beispielsweise das Sammelgenehmigungsverfahren für Werkzeugmaschinen, das sich gerade in der Pilotphase befindet. Eine weitere Erleichterung für die Unternehmen und das BAFA sei die Verlängerung nahezu aller Allgemeingenehmigungen bis 31. März 2017.

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