VN-Leitprinzipien und OECD-Leitsätze

Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu den VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln (OECD-Leitsätze), ihrem Verhältnis zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und zur Rolle der Nationalen Kontaktstelle (NKS) sowie einen Vergleich zwischen dem NKS-Beschwerdeverfahren und dem Antragsverfahren i.S.d. LkSG beim BAFA.

Logo der Bundesregierung zu Wirtschaft und Menschenrechte

Das LkSG ist mit Blick auf die darin geregelten menschenrechts- und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten Teil eines Prozesses, welcher insbesondere mit den VN-Leitprinzipien und den OECD-Leitsätzen sowie den dort verankerten Sorgfaltspflichten begann. Das LkSG baut auf diesem internationalen Konsensus auf und macht ihn in Teilen verbindlich.

VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und Nationaler Aktionsplan

Die VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte wurden 2011 im VN-Menschenrechtsrat nach einem sechsjährigen Forschungs- und Konsultationsprozess unter Leitung des VN-Sonderbeauftragten für Unternehmen und Menschenrechte, Prof. John Ruggie, im Konsens angenommen. Die VN-Leitprinzipien bieten erstmals einen internationalen Referenzrahmen für Wirtschaft und Menschenrechte, der mit seinem Drei-Säulen-Modell aus „Schutz, Achtung und Abhilfe“ Pflichten und Verantwortlichkeiten aller Akteure klar benennt. Zentral ist dabei im Rahmen der Verantwortung von Unternehmen in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten die Darstellung ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten.

Die vom Menschenrechtsrat mandatierte VN-Arbeitsgruppe zu Wirtschaft und Menschenrechten hat die Staatengemeinschaft aufgefordert, die VN-Leitprinzipien  umzusetzen und dazu insbesondere Nationale Aktionspläne (NAPs) zu erarbeiten. Seit 2013 entwickeln und implementieren verschiedene Länder NAPs für Wirtschaft und Menschenrechte, darunter auch Deutschland.

Mit dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte 2016-2020 (NAP) verankert die Bundesregierung erstmals die Verantwortung von deutschen Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte in einem festen Rahmen. Deren Umsetzung sollte durch ein Monitoring überprüft werden. Im Koalitionsvertrag 2018 legte die damalige Bundesregierung dazu fest: "Wir setzen uns für eine konsequente Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) ein […]. Falls die wirksame und umfassende Überprüfung des NAP 2020 zu dem Ergebnis kommt, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht ausreicht, werden wir national gesetzlich tätig und uns für eine EU-weite Regelung einsetzen." Ein entsprechendes Monitoring wurde 2018-2020 durchgeführt. Da das Umsetzungsziel nicht erreicht wurde, legte die damalige Bundesregierung 2021 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz vor. Das Gesetz trat am 1.1.2023 in Kraft.

Weitere Informationen zu VN-Leitprinzipien, NAP und LkSG: www.wirtschaft-menschenrechte.de

OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln und die Nationale Kontaktstelle

Die OECD-Leitsätze

Die OECD-Leitsätze sind das wichtigste umfassende internationale Instrument zur Förderung verantwortungsvollen unternehmerischen Handelns.

Ziel der Leitsätze ist eine nachhaltige Wirtschaft: Der positive Beitrag von Unternehmen zum wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Fortschritt soll gefördert und mögliche negative Auswirkungen in Verbindung mit der Geschäftstätigkeit, den Produkten oder Dienstleistungen eines Unternehmens minimiert werden. Zu diesem Ziel formulieren die OECD-Leitsätze gemeinsame Empfehlungen der 51 Teilnehmerstaaten (OECD-Mitglieder und Nicht-OECD-Mitglieder) an multinationale Unternehmen in zentralen Bereichen der Unternehmensverantwortung: z. B. Menschenrechte (im Einklang mit den VN-Leitprinzipien), Arbeitnehmerrechte, Umwelt- und Klimaschutz, Korruptionsprävention, Verbraucherinteressen, Offenlegung von Informationen, Wissenschaft, Technologie und Innovation, Wettbewerb und Besteuerung. Kern der OECD-Leitsätze ist – wie bei den VN-Leitprinzipien - der Sorgfaltspflichtenansatz: Nach den Leitsätzen sollen multinationale Unternehmen durch risikobasierte Sorgfaltsprüfungen und geeignete interne Verfahren verhindern, dass sich ihre Aktivitäten auf Schutzgüter, die unter die Leitsätze fallen, negativ auswirken oder einen Beitrag dazu leisten; und diesen Effekten begegnen, wenn sie auftreten. Darüber hinaus sollen Unternehmen auch bestrebt sein, negative Effekte zu verhüten oder zu mindern in Fällen, in denen sie zwar nicht selbst zu diesem Effekt beitragen, dieser Effekt aber auf Grund einer Geschäftsbeziehung mit der Geschäftstätigkeit, den Produkten oder Dienstleistungen des Unternehmens unmittelbar verbunden ist. Damit erstreckt sich die Sorgfaltspflicht auch auf die Geschäftsbeziehungen eines multinationalen Unternehmens, inklusive der Lieferkette.

Die OECD-Leitsätze richten sich an alle multinationalen Unternehmen - unabhängig von Größe, Sektor oder Eigentumsstruktur - die in oder von einem Teilnehmerstaat aus operieren. Die OECD-Leitsätze sind rechtlich nicht verbindlich, entsprechen aber der Erwartung der Bundesregierung an das Verhalten multinationaler Unternehmen bei ihren grenzüberscheitenden Aktivitäten.

Über die Jahre hat die OECD eine Reihe von praxisorientierten sektorspezifischen Leitfäden und Handbücher entwickelt, um den Sorgfaltspflichtenansatz für bestimmte Sektoren oder Themengebiete zu operationalisieren und Praktikerinnen und Praktiker bei der Umsetzung zu unterstützen. Weitere Informationen zu den OECD-Leitsätzen, den sektorspezifischen Leitfäden und den themenspezifischen Handbüchern finden Sie auf der Internetseite der OECD.

Nationale Kontaktstelle (NKS) für die OECD-Leitsätze

Zur Förderung der Wirksamkeit der OECD-Leitsätze sind in allen 51 Teilnehmerstaaten nationale Kontaktstellen (NKS) eingerichtet. Sie sollen unter anderem den Bekanntheitsgrad und die Wirksamkeit der Leitsätze fördern und dienen zudem als außergerichtlicher Beschwerdemechanismus.

Die deutsche NKS ist im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), im Referat VC6-NKS angesiedelt.

Weitere Informationen zur NKS finden Sie auf der Internetseite des BMWK.

NKS-Beschwerdeverfahren

Die Nationale Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze (NKS) dient als außergerichtlicher Beschwerdemechanismus unter den OECD-Leitsätzen.

Die NKS wird nur auf Antrag tätig. Beschwerden gegen multinationale Unternehmen wegen möglicher Verstöße gegen die OECD-Leitsätze können bei der NKS von natürlichen oder juristischen Personen, Gewerkschaften, und Nichtregierungsorganisationen eingereicht werden, die ein berechtigtes Interesse an der fraglichen Angelegenheit darlegen. Der Beschwerdegegner bekommt anschließend die Möglichkeit zur Stellungnahme.

Die NKS prüft die Beschwerde nach den OECD-Leitsätzen und den in ihrem Verfahrensleitfaden niedergelegten Kriterien. Nimmt die NKS die Beschwerde nach einer ersten Evaluierung an, bietet sie den Parteien ihre Unterstützung in Form eines Vermittlungs- oder Mediationsverfahrens an, um die Parteien dabei zu unterstützen, eine Einigung im Einklang mit den OECD-Leitsätzen zu erzielen. Die NKS führt in diesem Verfahren Gespräche mit den Beteiligten mit dem Ziel einer Einigung. Die NKS berichtet über den Abschluss des Verfahrens.

Die NKS stellt im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht fest, ob ein Unternehmen gegen die OECD-Leitsätze verstoßen hat. Die NKS kann Empfehlungen zur besseren Umsetzung der Leitsätze aussprechen und die Umsetzung der erzielten Einigung bzw. der ausgesprochenen Empfehlungen nachverfolgen.

Weitere Informationen zum NKS Beschwerdeverfahren, zum Verfahrensleitfaden und zur Einreichung von Beschwerden finden Sie auf der Internetseite des BMWK.

Vergleich NKS-Beschwerdeverfahren und Antragsverfahren i. S. d. LkSG:

Beschwerdeverfahren vor der NKS und Antragsverfahren beim BAFA existieren unabhängig voneinander. Die Verfahren folgen jeweils ihrer eigenen Logik, die sich aus den OECD-Leitsätzen (NKS) bzw. dem LkSG (BAFA) ergibt. Wesentliche Verfahrenscharakteristika sind in der nachfolgenden Tabelle dargelegt. Davon zu unterscheiden ist das Beschwerdeverfahren, welches von Unternehmen zur Erfüllung der gesetzlichen Sorgfaltspflichten eingerichtet werden muss.

Beschwerdeverfahren vor der NKS

Antragsverfahren nach LkSG (BAFA)

Grundlage

OECD-Leitsätze für multinationale UnternehmenLieferkettensorgfalts-pflichtengesetz

Gegenstand

Vermuteter Verstoß gegen die OECD-Leitsätze durch ein multinationales Unternehmen, das in oder aus einem Teilnehmerstaat operiert.Mögliche Verletzung oder unmittelbar bevorstehende Verletzung einer geschützten Rechtsposition durch ein LkSG-pflichtiges Unternehmen oder einen Zulieferer des Unternehmens.

Beschwerdeführer/Antragsteller

Natürliche oder juristische Personen, z. B. Betroffene, Gewerkschaften, NRO.Betroffene einer Verletzung i. S. d. LkSG /  deren bevollmächtigte Vertreter (z. B. eine deutsche NRO).

Beschwerdegegner

Deutsches oder in Deutschland operierendes multinationales Unternehmen.LkSG-pflichtiges Unternehmen; Beschwerden können auch gegen nicht unter das Gesetz fallende Zulieferer von LkSG-pflichtigen Unternehmen gerichtet sein. Sie sind jedoch nicht Beschwerdegegner im Rahmen des Antragsverfahrens.

Anforderungen an den Inhalt

Beschwerde muss die Umsetzung der Leitsätze betreffen und hinreichend substantiiert, d.h. unterstützt durch ausreichend und glaubhafte Informationen vorgetragen werden. Eine Beweispflicht wie etwa vor Gericht besteht nicht.Substantiierter Antrag, in dem geltend gemacht wird, infolge der Nichterfüllung einer in den §§ 3 bis 9 LkSG enthaltenen Pflicht in einer geschützten Rechtsposition verletzt zu sein oder, dass eine Verletzung unmittelbar bevorsteht.

Informationen zum Sachverhalt, die herangezogen werden

Von Beschwerdeparteien eingebrachte Informationen; und ggf. öffentlich zugängliche Informationen zum Sachverhalt.

Die NKS kann bei Bedarf den Rat zuständiger Behörden und/oder von Vertretern der Wirtschaft, der Arbeitnehmerorganisationen bzw. anderer nichtstaatlicher Organisationen sowie einschlägiger Experten einholen.

Es gilt der Amtsermittlungs-grundsatz.

Ablauf des Verfahrens

Durchführung einer Ersten Evaluierung zur Entscheidung, ob die Beschwerde angenommen wird.

Bei Annahme der Beschwerde: Unterstützungsangebot an die Beschwerdebeteiligten in Form eines NKS-Vermittlungs-  oder Mediationsverfahrens.

Ggf. Nachverfolgung der Umsetzung der Einigung bzw. ausgesprochener Empfehlungen.

Prüfung des BAFA nach Eingang des Antrags, ggf. Einleitung weiterer Maßnahmen und Rückmeldung an Antragsteller nach Abschluss der Prüfung.

Eine Beschwerde vor der NKS steht einem Antrag beim BAFA oder einem Tätigwerden des BAFA nicht entgegen.

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